Der Schulstoff
Oft kommt es vor, dass elektrische Felder erst in der Q-Phase thematisiert werden. Da werden sie eingeführt, damit man Kräfte auf Ladungen berechnen kann und die Bewegungen von Ladungen untersuchen kann.
Im Prinzip ist das erst einmal eine Wiederholung der Rechnungen in der E-Phase, da geht es um Bewegungen von Massen im Gravitationsfeld der Erde.
Magnetfelder werden schon in den Klassen 6 und 7 behandelt. Da lernt man auch die Feldlinien kennen.
Felder, erst Recht die Feldlinien, werden dabei als vom Menschen erfundene Veranschaulichung der Wirkungen von Ladungen (oder Massen oder Magneten …) aufgefasst.
Eine besondere ontologische Bedeutung (Ontologie: Lehre vom Sein) wird ihnen sogar oft abgesprochen.
Und oft bleiben ratlose Jugendliche zurück, die sich immer wieder fragen, wie denn eine Ladung auf die Ferne wirken soll, wenn es die Feldlinien eigentlich nicht gibt…
Das Dilemma
In der Schule werden Felder als Hilfsmittel zur Veranschaulichung von Wirkungen behandelt.
Aber wir wissen seit Jahrzehnten (!), dass Felder die eigentliche Substanz des Kosmos darstellen. Sie sind die grundlegenden Objekte, aus denen unsere Welt aufgebaut ist.
Wenn wir uns auf eine Waage stellen, wiegen wir nicht die Materie, so wie wir uns Materie vorstellen, sondern die Felder, die unseren Körperaufbau gestalten.
Ein großer Teil unserer Masse besteht aus den Massen der Felder, die im Inneren der Protonen die Quarks zusammenhalten.
Wir sind Feld!
Extrafutter
Man kann Felder erst einmal rein mathematisch als eine Zuordnung definieren, die jedem Raumpunkt eine bestimmte Eigenschaft (z.B. die Feldstärke) zuordnet.
Für alles im Kosmos gibt es Felder: nicht nur die bekannten elektrischen, magnetischen Felder, sondern auch schwache und starke Kraftfelder für Radioaktivität und den Zusammenhalt der Protonen und Neutronen.
In einem anderen Extrafutter zeige ich, dass Magnetfelder auch nur elektrische Felder sind, aber aus einem anderen Bezugssystem heraus beobachtet.
Seit der Quantenelektrodynamik (QED), also seit etwa 80 Jahren wissen wir, dass Felder physikalische Objekte mit Masse und Energie sind.
Ja, auf der Erde hat ein elektrisches Feld ein Gewicht. Und Einsteins Relativitätstheorie beschreibt das Gewicht eines Gravitationsfeldes in einem Gravitationsfeld…
Die QED beschreibt die Wechselwirkung zwischen Ladungen und Photonen.
Richard Feynman (1918-1988) ist an der Entwicklung der QED maßgeblich beteiligt gewesen. Zusammen mit Schwinger und Tomonage hat er dafür 1965 den Nobelpreis bekommen.

Die Photonen sind die Feldquanten des elektrischen Feldes, d.h. sie vermitteln die elektrische (und magnetische) Kraft.
Dabei können sie entstehen und vergehen, das beschreibt die QED durch Operatoren, die Photonen erzeugen und vernichten können.
Man nennt solche Photonen virtuell, weil sie vorübergehend für extrem kurze Momente unter Verletzung des Energieerhaltungssatzes existieren können.
In der Quantenfeldtheorie wird das auf alle Felder übertragen: Die Feldenergie kann sich in Form eines Feldquants lokalisieren, Feldquanten können entstehen und vergehen. Wenn sie dazwischen von Objekten ausgetauscht werden, dann wirkt das für uns wie eine Kraft.
Kräfte können also nur in kleinen Häppchen vermittelt werden, allerdings sind diese so klein, dass wir im Alltag den Eindruck einer kontinuierlichen Einwirkung haben.
Im Prinzip kann man jedes „Elementarteilchen“ als Quant eines ihm zugeordneten Feldes beschreiben.
Nun wird klar, warum Felder die grundlegenden Größen unserer Welt sind.
Schauen wir zum Schluss noch einmal auf die Kraftvermittlung zwischen Ladungen:
Die Photonen fliegen nicht von einer Ladung zu anderen, insofern sind auch Feldlinien keine Flugbahnen.
Im Mikrokosmos existieren keinen Bahnen, sondern nur auftauchende und verschwindende Quanten:
Es ist auch nicht möglich, die Feldquanten zu individualisieren: Nicht ein Quant taucht bei der einen Ladung auf, nachdem es bei der anderen verschwunden ist.
Da hilft der einfache veranschaulichende Umgang mit Feldern wie in der Schule schon. Aber wenigstens einen Blick auf die andere Welt der quantisierten Felder sollte man mal werfen.
Dann kann man sich ruhigen Gewissens auf die Veranschaulichung durch Feldlinien zurückziehen. Man ist aber wenigstens im 20. Jahrhundert angekommen...sage ich 23 Jahre im 21. Jahrhundert.