
Was hat Newton gemacht?
Wir kennen sein berühmtes Gravitationsgesetz:
F = G * M*m/r²
Was steckt dahinter? Wir haben zwei Massen M und m, die im Abstand r voneinander stehen. Dann zeihen sie sich gegenseitig (d.h. M wirkt auf m und m wirkt so auf M) mit der Kraft F an.
Damit hat er beschrieben, welche Kraft Massen erzeugen. Die sog. Gravitationskonstante gibt an, wie Massen und Abstände in eine kraft umgerechnet werden. Die Größe von G kann keine Theorie vorhersagen, wir können sie nur durch Experimente messen:
G = (6,672 59 ± 0,000 85) · 10^-11 N · m² / kg²
G ist die Naturkonstante, die wir mit der geringsten Genauigkeit kennen. Alle Messungen gelten auch nur für größere Abstände. Welchen Wert G für Abstände im mm-Bereich oder weniger annimmt, wissen wir nicht.
Er hat nichts darüber gesagt, wie diese Kraft sich im Raum ausbreitet, ob sie sofort überall ist oder mit einer bestimmten Geschwindigkeit von der erzeugenden Masse wegwandert.
Er hat auch keinen Grund für das Entstehen der Kraft angegeben.
Diese beiden Probleme waren Newton bewusst, er sah aber keine Möglichkeit, sie in irgendeiner Form zu lösen.
Nun haben wir eine Kraft und wir müssen wissen, was die Kraft F bewirkt.
Sie wirkt auch nur auf Massen und beschleunigt diese: a = F/m. Dabei ist m die Masse, die beschleunigt wird (und M wäre dann die Masse, die die Kraft erzeugt).
Besser bekannt ist die umgestellte Formel: F = m*a
M und m kann ich austauschen. Dabei ändert sich F nicht, aber natürlich die Beschleunigung:
Die Erde beschleunigt eine Masse von 2 kg mit den bekannten g = 9,81 m/sec². Diese Masse beschleunigt die Erde mit 3,3*10^-24 m/sec². Das ist unmessbar wenig, denn die Masse der Erde, ihre Trägheit, ist riesig groß!
Wir erkennen an diesen beiden Formeln auch, dass alle Massen gleich schnell fallen:
F = m*g = G * M*m/r² liefert g = G*M/r² die Beschleunigung der fallenden Masse m, ausgelöst durch die anziehende Masse M der Erde.
Da wir die fallende Masse m herauskürzen können, spielt sie keine Rolle. Alle Körper fallen gleich schnell.
Das Kürzen geht auch bei F = M*a = G * M*m/r², d.h a = G*m/r²: Alle Planeten fallen gleich schnell auf meine Kugel der Masse m zu.
Anschaulich lässt sich das durch die Gleichheit von träger und schwerer Masse erklären.

Auch das ist ein Zugang zur ART, den auch Einstein kannte und der ihn inspiriert hat.
Im Post: „Was ist eigentlich Masse?“ habe ich diesen Weg etwas ausführlicher beschrieben.
Ich will ihn hier nur in Erinnerung rufen: Aus der Gleichheit von träger und schwerer Masse hat Einstein das Äquivalenzprinzip begründet: Gravitations-felder kann man durch die Beschleunigung von Bezugssystemen ersetzen (Bild aus Spektrum der Wissenschaft).
In Weg-Zeit-Diagrammen werden beschleunigte Bewegungen durch gekrümmte Linien dargestellt. Wie kann man daraus gerade Linien machen? Indem man die Koordinatenachsen „verbiegt“ und die Abstände auf den Achsen verändert. Das nennt man die Änderung einer Metrik und dies hat Einstein eingesetzt, um die Gravitation zu beschreiben.
Ich möchte hier jetzt einen formaleren Weg gehen, der uns einen tieferen Einblick in die Struktur der ART gibt:
Halten wir erst noch einmal fest, was uns Newton geliefert hat:
- Gleichung, die besagt, wie Massen welche Kraft erzeugen: das Gravitationsgesetz
Diese Gleichung nennt man in der ART die Feldgleichung!
- Gleichung, die besagt, was diese Kraft mit Massen macht. Das ist F= m*a
Diese Gleichung nennt man in der ART die Geodätengleichung!
Feldgleichung statt Gravitationsgesetz
Einstein hat die Bedeutung seiner Feldgleichung so veranschaulicht:
Die Gravitation sagt der Raum-Zeit, wie sie sich zu krümmen hat. Dabei hat er später die Verwendung des Begriffs „Krümmung“ bereut, denn er impliziert immer eine höhere Dimension, in das sich etwas hineinkrümmen muss, so wie ein Blatt Papier, das ich im Raum verbiegen kann.
Aber das ist nur eine mögliche Interpretation. Letztendlich ist es nur die Metrik, die sich verändert. Mit der Metrik fassen wir die Form der Koordinatenachsen und die Festlegung von Abständen auf den Achsen zusammen.
Somit ändert die Gravitation nur die Art, wie wir Koordinaten in Raum und Zeit angeben müssen. Ob das mit einer Krümmung zusammenhängt oder nicht, ist Interpretationssache.
Die Feldgleichung ist eigentlich ein Gleichungssystem, denn sie enthält Tensoren, das sind 4x4-Zahlenschemata, die unabhängig von er Wahl eines Koordinatensystems sind.
Im Blog „Extrafutter“ habe ich in einem Post „Mit Pfeil und Bogen“ etwas mehr zur Bedeutung von Tensoren geschrieben:
https://www.natur-science-schule.info/post/mit-pfeil-und-bogen
Einstein hat in der 10-jährigen Suche nach der Feldgleichung Tensoren für Energie und Krümmung gesucht, also Angaben, die nicht von dem gewählten Koordinatensystem beeinflusst werden.
Zusätzlich wollte er noch die sog. Divergenz der Tensoren bei dem Wert 0 haben. Nur so konnte er sicher sein, dass der Energieerhaltungssatz erfüllt ist.
Viele Ansätze hat er gemacht, nur einer ergab den richtigen Wert für die Bahnveränderung des Planeten Merkur.
Und so ganz nebenbei hat er die Bedeutung einer Dunklen Energie erkannt und in die Feldgleichung eingeführt. Sie ist heute eine bestimmende Größe bei der Beschreibung unseres Kosmos und seiner Expansion (die eigentlich auch nur eine Metrikänderung sein kann….).

In der Feldgleichung geht Einstein noch weiter: Nicht nur Massen verändern die Metrik, sondern auch jede Form der Energie, des Impulses, ja das Gravitationsfeld selbst sorgt dafür: Gravitationsfelder erzeugen eine eigene Schwerkraft…ein Gravitationsfeld hat ein eigenes Gewicht!
Das fasst er auf der rechten Seite durch den Energie-Impuls-Tensor zusammen. Die metrischen Tensoren gμυ beschreiben das Koordinatensystem und der Krümmungstensor wie in welcher Richtung eine Änderung der Metrik eintritt.
Damit konnte er Bahnabweichungen des Planeten Merkur von der Vorhersage durch die Newtonsche Mechanik erklären. Die Merkurbahn dreht sich um 43“ pro Jahrhundert. Das war damals schon lange bekannt, aber durch nichts erklärbar.
Als Einstein diesen Wert mit seiner Feldgleichung berechnet hat, wusste er, dass seine neue Theorie richtig ist.
Lange Zeit, war er der Einzige, der das glaubte.
Geodätengleichung statt F = m*a
Einstein untersucht Pfade (Trajektorien, Bewegungen) durch die Raum-Zeit. Dies beschreibt er durch einen Vierervektor x(μ). Dabei läuft der Index μ von 0 bis 3: 0 bedeutet die Zeitangabe, 1 bis 3 die drei räumlichen Koordinaten. Der Vektor hat also vier Komponenten.
Nun untersucht er die Tangenten an solche Bahnen. Dabei sollen sich die in tangentialer Richtung zeigenden Geschwindigkeitsvektoren nicht ändern (die Beschleunigung soll also 0 sein!).
Nun, wir wissen aus der Newtonschen Mechanik: Die Geschwindigkeit ist die Ableitung des Weges nach der Zeit: v = ds/dt.
Das geht bei gekrümmten Räumen nicht so einfach, da sich entlang des Weges auch das Koordinatensystem verändert, also nicht nur der Ort sondern auch das System, mit dem ich Orte angebe….
Einstein musste lernen, beides zu berücksichtigen: die Änderung der eigentlichen Bewegung und die Änderung des Koordinatensystems, wenn man in andere Krümmungen kommt.
Dazu hat er eine neue Art von Ableitung erfunden, die kovalente Ableitung.
Damit kann er auch die zweite kovalente Ableitung bestimmen. Dies entspricht in der Newtonschen Mechanik der Beschleunigung: a = d²s/dt²
Nun muss er nur noch angeben, wie die Metrik auf bewegende Objekte einwirkt. Das macht er mit eigenen Zahlenschemata, den sog. Christoffelsymbolen. Sie werden bestimmt durch die Richtung der alten Koordinatenachse, der Richtung, nach der man ableitet und der Richtung der neuen Koordinatenachse (das erkannt man an den drei Indizes, die an den Symbolen stehen).
Dann hat er die Geodätengleichung erhalten:
Beschleunigung + Kraft = 0.
Kennen wir schon vom Newton…
Bei Einstein sieht das so aus:

Dabei ist der erste Summand die Beschleunigung in Koordinatenrichtung m (das ist keine Hochzahl sondern ein oben stehender Index!). Nach dem Pluszeichen steht das Christoffelsymbol, danach kommt das Produkt der Geschwindigkeitsvektoren in zwei Koordinatenrichtungen.
Hier wird auch die Einstein’sche Summenkonvention genutzt: Alles muss über alle möglichen Kombinationen von k und l aufsummiert werden (das erkennt man daran, dass k und l einmal unten und einmal oben als Richtungen vorkommen. k und l sind hier auch keine Potenzangaben!)
Und so sieht das graphisch aus: In einem gekrümmten Koordinatensystem bleibt der Tangentenvektor relativ zur Bahn fest.

Interpretation von Einsteins Ansatz:
In elektrischen Felden wissen wir: Alle beschleunigten Ladungen spüren eine elektrische Kraft. Das elektrische Feld beschleunigt Ladungen. Die beschleunigte Bewegung von Ladungen in einem elektrischen Feld ist so etwas wie eine natürliche Bewegung.
Wenn eine Ladung in einem elektrischen Feld nicht beschleunigt ist, kann sie keine Kraft spüren.
Im Gravitationsfeld müssen wir umgekehrt denken:
Die natürliche Bewegung in einer gekrümmten Raum-Zeit ist die des freien Falls. Das ist eine kräftefreie Bewegung.
Kann ein Körper nicht frei fallen, so spürt er eine Kraft.
Wir merken unsere Gewichtskraft, wenn wir auf dem Erdboden stehen, der uns am freien Fallen hindert.
Springen wir von einem Dach, so können wir frei Fallen und wir verspüren auch keine Kraft, wir sind schwerelos.
Kommen wir zum Schluss:
Die Metrik beschreibt also das, was wir als Raumkrümmung interpretieren können.
Ganz konkret gibt sie an, wie wir den Satz des Pythagoras c² = a²+b² in gekrümmten Räumen abändern müssen.
Durch diese Änderung können wir die Krümmung erfassen, also die Metrik experimentell bestimmen.
Das Ergebnis ist spannend: Für den Kosmos als Ganzes scheint der uns bekannte Satz des Pythagoras zu gelten. Man muss die Dreiecksseiten aber riesig groß machen. Aber in der Nähe von Massen muss der Satz abgeändert werden. Eigentlich gilt er wegen der Erdmasse schon nicht mehr im Matheunterricht....
Nun haben wir die Newtonschen Gesetze auf „einsteinisch“ kennengelernt.
Im nächsten Post gehen wir zur speziellen Relativitätstheorie. Auch die lässt sich aus der klassischen Mechanik entwickeln.
(kommt in ca. 10 Tagen, am 25.3.)