Im letzten Post haben wir erfahren, wie die Theoretiker durch Berücksichtigung aller bekannten Vakuumfluktuationen einen Wert für g bzw. die Abweichung a berechnen.
Es geht dabei um die Stärke des Magnetfeldes, welches ein Myon selbst erzeugt.
Die genauesten Berechnungen der Theoretiker ergeben einen Abweichungswert von Diracs Theorie von
a(Theorie) = (g-2)/2 = 0,00116591810(43).
Nur die letzten beiden Ziffern sind unsicher.
Was sagen nun die Experimente?
Die ersten Experimente wurden um 2000 herum am Brookhaven National Laboratory gemacht.
Sie ergeben
a(BNL) = 0,001116592680(63).
Das ist eine Abweichung von etwa 2,5 Standardabweichungen vom theoretischen Wert.
Das bedeutet: Mit einer Wahrscheinlichkeit von ungefähr 3% kann das Zufall sein und muss nicht auf einen physikalischen Effekt hinweisen.
Das lockt bei Elementarteilchenphysiker/innen noch keine Freudenschreie hervor.
Am 7.4.2021 wurden die ersten Messergebnisse einer Messreihe am Fermilab veröffentlicht, die mit deutlich höherer Genauigkeit bestimmt wurden. Sie beziehen sich auf eine 2018 durchgeführte Messreihe.
Es ergibt sich:
a(FL) = 0,00116592040(54)
Mittelt man die beiden Werte gewichtet, so erhält man:
a(Mittel) = 0,00116592061(41)
Dieser Wert liegt jetzt 4,7 Standardabweichungen vom theoretischen Wert entfernt, d.h. nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,0025% lässt sich der Unterschied durch eine zufällige Schwankung erklären.
Man beachte: Den Abstand zwischen Messung und Theorie kann man nur als Vielfache der Messgenauigkeitsangaben (Standardabweichungen) bewerten.
Und da liegt a(FL) weiter von a(Theorie) entfernt.
Zusammenfassung:

Physical Review Letters 126, 2021
Man ist ganz dicht dran...denn ab 5 Standardabweichungen, d.h. Zufallserklärungen mit einer Wahrscheinlichkeit von nur 0,00005%, gilt eine Entdeckung in der Elementarteilchenphysik als gesichert.
Da die am 7.4. veröffentlichten Daten nur etwa 6% des gesamten geplanten Datensatzes umfassen, denke ich kann man nach der Auswertung der nächsten Messreihe mit der endgültigen Bestätigung rechnen:
Es muss im Vakuum um das Myon herum Objekte geben, von denen wir noch nie etwas gehört haben und die das Standardmodell nicht kennt.
Dann wackelt es nicht, dann kracht es zusammen...
Im letzten Post dieser Reihe werde ich vorstellen, mit welchen Methoden man solche präzisen Messungen gemacht hat.