Der Schulstoff
Das Phänomen Licht wird in drei Ebenen behandelt:
In der Mittelstufe gibt es die Strahlenoptik, mit der Licht und Schatten sowie Brechung und Reflexion behandelt werden.
In der Oberstufe werden Wellen behandelt und dabei auch gezeigt, dass Licht Welleneigenschaften besitzt, also interferieren kann.
Beugung und Interferenz sind Phänomene, die durchaus im Alltag vorkommen, aber eher versteckt sind: Wer weiß schon, dass der Hof des Mondes das 0. Beugungsmaximum des Mondlichtes an Wassertropfen ist?
Später in der Oberstufe kommt man dann zum Photoeffekt: Licht kann Elektronen aus Metallen "herausschlagen", es hat also Teilchencharakter.
Ganz häufig endet hier der Physikunterricht: Wir haben zwei Modelle für Licht, die wir je nach Experiment anwenden müssen.
Licht zeigt sich mal als Teilchen und mal als Welle. Beides sind Modelle mit begrenztem (und sich ausschließenden) Einsatzbereichen.
Und das wird dann oft mit folgender Erklärung zur Akzeptanz gebracht:
Es sei nicht die Aufgabe der Physik Aussagen über das zu machen, was hinter den Erscheinungen steht. Es reicht zu wissen, wann welches Modell mit welchen Aussagen angewandt werden kann. Wir wissen nicht, was Licht ist, denn es zeigt sich, je nach Experiment, mit den Eigenschaften einer Welle als auch mit den Eigenschaften eines Teilchens.
Dieser sog. Dualismus von Licht ist oft der Höhepunkt der physikalischen Erkenntnis vieler Oberstufenschüler/innen.
Kritische Überlegungen:
Für mich ist das eine Bankrotterklärung: Natürlich wollen wir wissen, was real hinter den Phänomenen steckt. Wir wollen nicht nur wissen, wie sich Licht wann verhält, sondern was Licht wirklich IST. Historisch hat sich die Teilchenvorstellung von Licht erst 21 Jahre nach Einsteins Deutung des Photoeffektes (ohne etwas über die Natur der Photonen zu sagen) durch eine falsche Interpretation des Comptoneffektes als Stoß von Photon und Elektron durchgesetzt.
Das Extrafutter
Die Antwort auf die Natur des Lichtes ist klar: Licht ist ein Quantenphänomen. Photonen sind Feldquanten elektrischer Felder.
Was bedeutet das konkret?
Die in der Schule oft vermittelte Vorstellung, dass Photonen Teilchen seien, ist falsch und historisch gesehen auch nie so von Einstein oder Planck gesagt worden.
Das wird schon aus den folgenden Photoneneigenschaften deutlich:
Teilchen existieren auch ohne Bewegung, sie haben keine Ruhemasse der Größe 0. Photonen besitzen wirklich keine Ruhemasse und sie existieren nur in Bewegung.
Teilchen lassen sich als Einzelobjekte individualisieren und haben bei Bewegungen bestimmte Bahnen. Photonen gleicher Energie sind ununterscheidbar, ihre Bahnen lassen sich nicht nur nicht beobachten, sie existieren gar nicht.
Die in der Schule behandelten Erscheinungen des Photoeffektes und des Comptoneffektes lassen sich nicht als Stoß von Photonen mit Elektronen erklären. Entweder stellt man sie komplett als Wellenphänomene dar (auch dann das Elektron als Welle) oder als Änderungen von Quantenzuständen.
Zur schulischen Fehldarstellung des Comptoneffektes habe ich ein extra Extrafutter verfasst:
https://www.natur-science-schule.info/post/photonen-auf-crash-kurs-comptons-fehlinterpretation
In der Tat haben Quanten etwas mit "Wellen" zu tun, aber es sind keine Wellen in unserem Raum, so wie man sich Lichtwellen vorstellt. Es sind Wellen in einem abstrakten Zustandsraum, die durch komplexwertige Auslenkungen beschrieben werden. Quadriert man die Auslenkungen, so erhält man reelle Zahlen, die man als Wahrscheinlichkeit für den Nachweis eines Photons auffassen kann.
Die dem Licht zugeordneten Wellen breiten sich nicht im Raum aus, sondern existieren nur in unserem Kopf. Sie helfen uns, bei der Berechnung von Nachweiswahrscheinlichkeiten von Photonen und damit bei der Interpretation der Interferenzmuster von Licht.
Und wenn dann ein Photon nachgewiesen wird, dann ist es ein lokalisierter Energiebetrag, der an dieser Stelle ohne Ausdehnung auftaucht und uns als Teilchenphänomen erscheint. Aber nie hat sich ein Teilchen von der Lichtquelle zu unserem Beobachtungsschirm auf einer Bahn hin bewegt.
Licht ist also weder Teilchen noch Welle, sondern eine Quantenerscheinung.
Nun, das alles klingt sehr abstrakt. Soll man damit Jugendliche belästigen?
Unbedingt!
Junge Menschen haben ein Anrecht darauf, etwas über die Welt, in der sie leben, zu erfahren.
Und sie haben ein Anrecht auf Lehrende, deren Kenntnisstand über die Natur der Welt nicht 1913 endet....
Deswegen ist auf meiner Homepage ist eine ganze Vortragsreihe zum Thema verlinkt:
https://www.natur-science-schule.info/videos-kurs-photonen-oktober-20-feb
Sehr genau auf diese Fragen gehe ich auch in meinem Vortrag "Vom Unsinn eines Dualismus Welle-Teilchen" ein:
Eine ganze Unterrichtsreihe für Q3 und Q4, die so wie hier gefordert aufgebaut ist, habe ich als Blog https://physikkursq3lichtundquanten.blogspot.com/ veröffentlicht. Sie wird später als interaktive Lernplattform von FutureSpace erscheinen.
Aus diesem Vortrag möchte ich auch zwei Folien hier zeigen:
Unsere Welt ist eine Quantenwelt. Diese erklärt die klassische Welt, die als Konstruktion aus den möglichen Quantenzuständen entsteht. In dieser klassischen Welt gibt es Wellen und Teilchen.
Unser Gehirn konstruiert eine Wirklichkeit, in der es auch Wellen und Teilchen gibt. Diese Wirklichkeit lässt uns die klassische Welt verstehen. Aber ein Verstehen der Quantenwelt ist nicht möglich.
Die Bausteine unserer Welt sind Quanten, die Eigenschaften haben, zu der es in unserer Wirklichkeit und in der konstruierten klassischen Welt kein Pendant gibt.

Ein Reisender aus grauen Vorzeiten war in Afrika und hat dort ein Rhinozeros gesehen.
Zurück in seiner Heimat, dem fernen Germanien, wird er nach der Natur des Rhinozeros gefragt.
Er erklärt die real vorkommenden Tiere den Germanen mit ihren Fantasiegestalten, die es real nicht gibt. Aber jeder Germane hat davon eine Vorstellung:
Von vorne schaut ein Rhinozeros wie ein Einhorn aus, von hinten wie ein Drache.
Und so verstehen wir die real vorkommenden Quanten namens "Photonen" mit unseren Fantasiegestalten "Welle" und Teilchen".

Bleibt eine Frage:
Und von der Seite? Was ist ein Rhinozeros in der Realität?
Nachtisch:
Hören wir auf, unseren Jugendlichen falsche und nicht haltbare Inhalte zu vermitteln, sondern lassen wir sie staunen über das Zusammenspiel von Realität und Wirklichkeit.