Im letzten Post haben wir gesehen, dass in manchen Atomkernen sich sehr selten zwei Neutronen nahezu gleichzeitig in Protonen umwandeln können, dabei zwei Elektronen und zwei Antielektronenneutrinos aussenden.
Sind nun Neutrinos sog. Majorana-Teilchen, d.h. sind Teilchen und Antiteilchen identisch, dann können sich die beiden Neutrinos vernichten und nur die beiden Elektronen treten als Folge des Zerfalls auf.
Ein solcher Vorgang wurde noch nie beobachtet, er wäre noch seltener als der "normale" doppelte Betazerfall.
Will man so seltene Ereignisse nachweisen, dann muss man alle anderen Ereignisse abschirmen oder verhindern.
Das geschieht zum Beispiel im tiefsten Labor der Erde, dem SNOLAB.
Es ist in Kanada in einer aktiven Kupfer/Nickel-Mine aufgebaut und liegt 2100 m unter der Erde.


Die riesigen Gesteinsmassen über dem Labor schirmen fast alle Strahlen aus dem Kosmos ab.
Aber auch alles, was dort im Labor verwendet wird, Geräte, Material, Detektoren, muss extrem gereinigt sein, sogar die Menschen, die dort arbeiten.
Ich habe dieses Labor 2015 besucht.
Zuerst muss man die Ausrüstung der Minenarbeiter anziehen und fährt in einem Förderkorb mit ihnen in die Tiefe.
Unten angekommen herrschen Temperaturen um die 45°C, die durch ständige Luftkühlung auf erträgliche 30°C reduziert werden.
Dann läuft man 2 km durch die Minenstollen zum Labor. Dort angekommen, wird alles, was man im Inneren braucht, penibel gesäubert. Man selbst muss nach intensivem Duschen saubere Laborkleidung anziehen.
Wer mehr darüber wissen möchte, kann gerne in meine Videodokumentation hineinsehen:
Zwei Jahre später ist dieser Film entstanden:
Wie beobachtet man so etwas? Man muss die Elektronen nachweisen und möglichst präzise ihre Energie und ihre Flugrichtung bestimmen.
Das macht man im SNO+ genannten Labor mit Hilfe von Szintillatormaterial, zum Beispiel schwerem Wasser D2O oder Alkylbenzol. In diesem Material sind die erzeugten Elektronen schneller als das Licht dort. Es gibt so etwas wie bei Schall einen Überschallknall, hier also einen Über-Lichtblitz, Cherenkov-Strahlung genannt.
Diese Lichtblitze werden von 9500 Photomultiplieren (bei SNO+) aufgenommen und millionenfach verstärkt registriert.
Beim normalen doppelten Betazerfall verteilt sich die freiwerdende Energie auf vier Teilchen, darunter die beiden Neutrinos, die sehr unterschiedliche Anteile aufnehmen können, auch abhängig von der zufälligen Flugrichtung.
Gibt es keine Neutrinos, so erhält jedes Elektron genau die Hälfte der Energie. Eine solche "Spektrallinie" bei einer bestimmten Energie im Energiespektrum der Elektronen wäre ein Nachweis des neutrinolosen doppelten Betazerfalls. Die Bahnspuren würden auch genau in entgegengesetzte Richtungen zeigen.
Das Labor SNO+, eines von vielen im SNOLAB, liegt noch einmal eingebettet in einer Höhle, die mit Wasser weiter abgeschirmt ist.
Das Bild zeigt die mit dem Detektormaterial Te130 (1,3 t) und dem Szinillationsmaterial (780 t) gefüllte Kugel. Wir sehen die Außenanschlüsse der Photomultiplier.

Hier stehe ich am Eingang der Höhle.

Bisher allerdings ist hier (und auch in anderen Experimenten) kein neutrinoloser doppelter Betazerfall nachgewiesen worden.