Der Schulstoff:
ja, eigentlich nichts...
Im Leistungskurs berechnet man in Q3 vielleicht die potenzielle und kinetische Energie eines Elektrons im Wasserstoffatom und erhält:
Wkin = 1/2*k*e²/r für die kinetische Enegrie
und
Wpot = - k*e²/r für die potenzielle Energie.
Dabei ist k die Proportionalitätskonstante im Coulombschen Gesetz, e die Elementarladung und r der Abstand des Elektrons zum Proton.
Nicht nachdenken, gleich weiter...man will ja die Balmerformel herleiten...und um die geht es ja in der Schule...
Das Extrafutter
Da steht: Wkin = -1/2*Wpot bzw. Wpot = -2Wkin
Zufall?
Rechnet man potenzielle und kinetische Energie eines Satelliten im Gravitationsfeld der Erde aus, so erhält man wieder diesen Zusammenhang.
Dahinter steckt der von Rudolph Clausius 1870 in der Thermodynamik aufgestellte Virialsatz.

Rudolph Clausius (1822-1888)
In einem abgeschlossenen stabilen System, in dem eine mit dem Quadrat der Entfernung abnehmende Kraft vorkommt (F~1/r², wie beim Coulombschen Gesetz oder dem Gravitationsgesetz, also ein zu 1/r proportionalen Potenzial), ist die kinetische Energie halb so groß wie die negative potenzielle Energie bzw. die potenzielle Energie ist gleich der doppelten negativen kinetischen Energie.
Mit diesem Virialsatz kann man also potenzielle Energien ausrechnen, wenn man die kinetischen kennt.
Damit hat Zwicky 1935 die Dunkle Materie entdeckt.
Dazu gibt es einen Post im Astronomieblog:
https://astronomiekassel.blogspot.com/2021/02/dopplereffekt-in-der-astronomie-xi-wie.html
Der Energieerhaltungssatz ist nicht beweisbar, es ist ein Erfahrungssatz, der in der Quantenwelt sogar verletzt ist.
Den Virialsatz dagegen kann man aus grundlegenden Prinzipien der Natur herleiten.
Dann erhält man:
2Wkin = -p*Wpot
Dabei ist p der Exponent der Ortsvariablen in der Gleichung für die potenzielle Energie.
Bei Gravitation oder im elektrischen Feld ist p = -1 (1/r = r^(-1)).
Damit erhält man die oben genannten Formeln.
Die potenzielle Energie einer Feder (Federenergie) ist Wpot = 1/2*D*s².
Hier ist p = 2 und für die jeweiligen maximalen Energien einer Feder gilt:
Wpot = Wkin
Das kommt sicher bekannt vor.
Streng genommen gilt der Viralsatz für Mittelwerte der Teile des Systems. Aber in den hier behandelten Fällen kann man ihn so einfach formulieren.
Der Virialsatz ist auch den Konstrukteuren der Internationalen Raumstation ISS bekannt:
Dort wird er speziell für Änderungen von kinetischer und potenzieller Energie verwendet:
ΔWkin = -1/2* ΔWpot
Was bedeutet das?
Die ISS fliegt in 400 km Höhe mit 28 000 km/h um die Erde. Dort oben gibt es immer noch Gase aus der Erdatmosphäre. Die bremsen die ISS ab.
Etwa alle 4 Wochen muss sie wieder 1 km nach oben geschossen werden.

Dazu werden die Triebwerke (meist die eines angedockten Raumfrachters) für etwa 5 Minuten gezündet.
Dadurch wird Hubarbeit verrichtet.
Wieviel?
Nicht die, die der Anhebung von 1 km entspricht. Denn die Hälfte der für 1 km notwendigen Hubarbeit kann nach dem Virialsatz aus dem Rückgang der kinetischen Energie gewonnen werden.
Weiter außen ist die ISS wegen der geringeren Schwerkraft eben langsamer.
Wenn die ISS sinkt, verliert sie potenzielle Energie. Die Hälfte wird für die Erhöhung der kinetischen Energie genutzt, die andere Hälfte muss abgegeben werden. In unserem Beispiel durch Reibung am Restgas der Atmosphäre.
Also:
Satelitten, die höher fliegen sollen, müssen ihr Triebwerk zünden, aber nur für die Hälfte der Hubarbeit. Die andere Hälfte stellt die abnehmende kinetische Energie nach dem Virialsatz zur Verfügung.
Sollte die kommende Generation der Weltraumtouristen eigentlich lernen...