Ich hatte das große Glück eigentlich nie richtige Konflikte oder Gegenströmungen aus oder mit Klassen zu haben. Vielleicht bis auf einmal...und das war ganz am Anfang meiner Dienstzeit, also Mitte der 80-er.
Da habe ich einmal sehr konsequent und deutlich reagiert.

Vielleicht gut, dass das am Anfang war.
Meinen Referendar/innen (LiVs) habe ich immer gesagt: "Ihre erste Stunde vor einer neuen KIasse legt fest, wie in Zukunft die Arbeit abläuft. Sie müssen da ganz am Anfang ganz cool die Führung beanspruchen und übernehmen. Lockern kann (und sollte) man dann immer noch. Aber umgekehrt: locker anfangen und dann hinnterher nach Autorität schnappen...das funktioniert selten."
Im SFN habe ich es etwas anders gehandhabt. Da war es mir wichtig, nicht gleich die Teams mit Anordnungen und Verboten zu überschütten, sondern sie erst einmal ankommen und anfangen lassen. Dann muss man natürlich immer dabei sein, beobachten und ein gutes Gespür daür entwickeln, wann man und wie stark man eingreifen muss.
Aber was war vor fast 40 Jahren passiert?
Ich hatte einen Grundkurs Mechanik in der E-Phase. Damals gab es noch zwei Klausuren im Halbjahr.
Ein Schüler beteiligte sich eigentlich nie am Unterricht, schien oft geistig abwesend zu sein.
Nach Ausgabe der Klausur stand er auf, gab ein leeres Blatt ab und teilte mir mit, er hätte Wichtigeres zu tun.
Bei der Notenbesprechung machte ich ihm deutlich, dass 0 Punkte drohen. Und mit 0 Punkten in irgendeinem Fach wurde man damals nicht versetzt. In der zweiten Klausur würde ich wenigstens 1 Punkt erwarten, falls er sich weiterhin mündlich enthalten möchte.
Zweite Klausur: Nach Verteilen der Aufgaben setzte er sich ans Fenster, setzte die Sonnenbrille auf und sonnte sich. Jeder Aufforderung, doch wenigstens etwas zu bearbeiten, widersetzte er sich...also wieder 0 Punkte.
Die Gesamtnote 0 war nicht zu vermeiden. Ich vermittelte ihm, dass er somit das Jahr wiederholen müsste.
Ein Schüler, der längere Zeit krank war, musste nachschreiben. Wir einigten uns auf einfache Aufgaben aus dem gesamten Halbjahr, damit er überprüfen konnte, ob er ausreichend nachgearbeitet hatte.
Meinem Verweigerer bot ich an, bei dieser (für ihn dritten) Klausur mitzuschreiben. Ich würde ihm einen Punkt im Zeugnis geben, wenn er in dieser Klausur mindestens 2 Punkte schafft. Ein letzte Chance.
Der andere Schüler schaffte trotz langer Krankheit eine gute mittlere Note, mein spezieller Kandidat gab erneut ein leeres Blatt ab.
Zeugniskonferenz: Ich hatte für Physik 0 Punkte eingetragen. Der Jahrgangsstufenleiter teilte die Nichtversetzung mit. Das brachte Widerspruch unter dem Kollegium, weil es ja so ein guter und lieber Schler sei. Ich wurde aufgefordert, die Note zu ändern.
Ich begründete nochmal wie es zu den 0 Punkten gekommen war: 0+0+0+0 = 0/4 = 0 und verweigerte die Notenänderung.
Nächster Tag. Ich wurde zur Schulleitung bestellt. Sollte noch mal meine Note und meinen pädagogischen Ansatz überdenken.
Die Zeugniskonferenz wurde nach zwei Tagen wiederholt (!). Erwartungsvoll fragte mich die anwesende Schulleitung, ob ich bereit sei, einen Punkt zu geben. Ich verneinte.
In einer sehr langen Diskussion versuchte man mich umzustimmen.
Ich blieb bei meinem Entschluss...
Der Schüler musste wiederholen.